Diesen Artikel schreibe ich für alle, die diese Erkenntnis noch nicht ereilt hat!
Pferde sind schon seit der Steinzeit davon abhängig, Gefahren frühzeitig zu erkennen und möglichst schnell die Flucht ergreifen zu können. Deshalb ist es z.B. auch so wichtig, dass Fohlen gleich nach der Geburt aufstehen und laufen können. Sie würden sonst sich und die ganze Herde gefährden, wenn ein schneller Aufbruch bei Gefahr angesagt ist.
In einer Herde passt immer ein Tier auf, was in der Umgebung so los ist und zeigt Gefahr an.
Ist ein Pferd alleine mit seinem Menschen unterwegs, ist es auf sich selbst und seine Instinkte gestellt. Auf die Reaktionen seines menschlichen Partners zählt es dabei nicht zu 100%, denn der ist nun mal kein Pferd und verhält sich auch nicht wie ein Pferd. Vielleicht lässt sich das Pferd von seinem Menschen beeinflussen – doch das hängt immer von Art und Intensität des Fluchtreizes ab.
Diese Erfahrung durfte ich gestern machen!
Wir waren wie so oft, einspännig in Feld, Wald und Wiese unterwegs. 2 Personen und ein Hund auf dem Wagen, ein Reiter hinterher.
Uns kamen Jogger und Radfahrer entgegen, mache trafen wir sogar 2 Mal. Alles so wie immer! Langsam fahren, lächeln, grüßen, manchmal werden ein paar Worte gewechselt und dann geht es weiter. So weit, so gut!
Bis vor uns die geballte Formation „Wippender Pferdeschwanz“ (ca. 20 junge Frauen und Mädchen) im schnellen Trab, über die gesamte Breite des Waldweges verteilt, auftauchte.
Wie immer fuhr ich schon mal an den rechten Wegesrand, der von gefällten Baumstämmen gesäumt war.
Bis auf 100m vor uns hatte sich die Formation „Wippender Pferdeschwanz“ um keinen Zentimeter verändert. Tempo und Breite des Pulks hatte sich nicht geändert. Als dann ca. 80 m vor uns langsam die Breite verändert wurde, da einige wohl doch mal aufgeschaut hatten, stand mein Pferd schon starr vor Schreck!
Unverändert näherte sich die Wand aus menschlichen Körpern im schnellen Tempo unserem Gespann, auf einem seitlich begrenzen Waldweg.
FÜR EIN PFERD WAREN DIESE MENSCHEN AUF DER FLUCHT! EINE BEDROHUNG; EINE GEFAHR!
Erst tänzelte er auf der Stelle und suchte dann eine Möglichkeit zur Flucht! Rechts um! Nur da ich schon ganz an den rechten Wegesrand gefahren war, stand er somit auf den dicken Baumstämmen, rutschte mit den Vorderhufen auf dem nassen Holz herum, fand keinen Halt und keine Ausweg. Bei dem Versuch, die Baumstämme zu überwinden, zog er den Wagen mit der Vorderachse bis auf die Baumstämme und blieb dann dort liegen, da er nicht mehr vor oder zurück konnte. Er legte sich einfach hin, zitterte und wartete auf Hilfe!
Die Formation „Wippender Pferdeschwanz“ hatte bei dieser Szene kurz innegehalten und rückte dann in geschlossener Formation weiter auf uns vor!
Auf meine Warnung „Wehe, ihr kommt noch einen Schritt näher!“ bekam ich folgende Antwort: „Wir müssen da jetzt durch!“.
Mein nächster Satz machte doch wohl unmissverständlich klar, was ich von dieser Aussage hielt! Bei der nun anlaufenden Rettungsaktion wurde keine der Damen nochmal gesichtet!
An dieser Stelle daher meine DANK an die Formation „Wippender Pferdeschwanz“ für
- die Rücksichtnahme auf öffentlichen Wegen,
- die angebotene Hilfe, die ich wohl nicht als solche erkannt habe,
- und für die Entschuldigung, die ich wohl nicht gehört habe.
Dieses Bild habe ich aufgenommen, als Benny wieder auf seinen 4 Beinen auf dem Weg stand:
Ich möchte mit diesem Artikel erreichen, dass die Unwissenden endlich mal verstehen, wie das vermeintlich starke und bedrohliche Pferd tickt!
Was GEGENSEITIGE Rücksichtnahme bedeutet!
Ich möchte unter diesem Artikel keine Hasskommentare lesen, keine Schmähungen von Joggern, Radfahrern oder Leuten, die mit 22 Personen einem Ball nachrennen! Die werde ich sofort löschen!
Es geht mir darum, dass es beim nächsten Mal nicht ein Kind auf einem Pony oder einen unsicheren Reiter trifft. Die wären in dieser Situation nicht so ruhig geblieben und hätten nicht eine so tolle Beifahrerin dabei gehabt, die die Katastrophe so umsichtig mit auflöst! Von ganzem Herzen „DANKE“ an diese Freundin <3! „Du warst SUPER!“
Ich kenne diverse Reiter und betreue davon im Coaching genügend, um zu wissen, dass diese Situation auch einen tödlichen Ausgang hätte haben können!
Immer noch fassungslos
Eure Bettina Lückel